In der weltweiten Automobilindustrie ist ein positiver Stimmungsumschwung zu beobachten, da die Neuzulassungen in allen wichtigen Märkten seit der zweiten Hälfte des Jahres 2022 an Dynamik gewonnen haben. Da die Auftragsbestände auf einem gesunden Niveau bleiben, die Auftragseingänge jedoch zurückgehen, passen die Automobilhersteller ihre Produktionsraten vorsichtig an, um ein Überangebot zu vermeiden.
Der wichtigste Faktor, der zu diesem Wiederaufschwung beigetragen hat, war die Lockerung der Lieferkettenbeschränkungen, insbesondere im Halbleitersektor. Da sich die Verfügbarkeit dieser inzwischen allgegenwärtigen Komponenten verbessert, sind die Automobilhersteller besser in der Lage, ihre Produktion zu steigern und die seit Anfang 2021 steigende Marktnachfrage zu befriedigen. Diese Kombination aus starker Nachfrage und besserem Angebot hat sich positiv auf die Rentabilität der Branche ausgewirkt, die auch durch höhere durchschnittliche Verkaufspreise und eine stärkere Konzentration auf Modelle mit höheren Gewinnspannen gestärkt wurde. Auch die Rohstoff- und Transportkosten haben sich gegenüber ihren Höchstständen von 2022 deutlich verringert. Für 2023 erwarten wir, dass der Weltmarkt rund 84 Mio. Einheiten (+7 %) erreichen wird. Der Abstand zum Niveau von 2019 ist zwar nach wie vor groß, aber wir gehen nicht davon aus, dass er in absehbarer Zeit geschlossen werden kann:
- Auf der Nachfrageseite, weil die Lebenshaltungskostenkrise, höhere Zinsen und der allgemeine Anstieg der Neuwagenpreise einen Teil der potenziellen Kunden vom Markt ausschließen
- Auf der Angebotsseite, weil sich die Automobilhersteller noch nicht auf einen Wettlauf um die Stückzahlen einlassen. Die Situation bei den Zulieferern im Automobilsektor stellt sich differenzierter dar, insbesondere bei denjenigen, deren Geschäftsmodell stark von den Stückzahlen abhängt und die nur eine begrenzte Möglichkeit haben, ihre Preissetzungsmacht auszuüben. Zulieferer, die stark in Technologien für Verbrennungsmotoren (ICE) investiert haben, sind ebenfalls besonders gefährdet, da sich die Automobilindustrie weiter in Richtung Elektrofahrzeuge (EVs) bewegt.
Der Hauptrisikofaktor liegt unserer Ansicht nach in der wachsenden Konkurrenz durch chinesische Automobilhersteller sowohl in China als auch auf den internationalen Märkten. Da Europa für den internationalen Wettbewerb offener ist und europäische Unternehmen in China am stärksten vertreten sind, sind europäische Unternehmen unserer Meinung nach am meisten gefährdet, in den kommenden Jahren Marktanteile zu verlieren.