18. März 2019 - Ab in die Brexit-Verlängerung. Neues Spiel, neues Glück? Wohl eher nicht, zumal man von „Glück“ im Zusammenhang mit dem Brexit schon lange nicht mehr sprechen kann. Die Pleitewelle hat das Vereinte Königreich längst erreicht und ein Ende ist nicht abzusehen. Ein Ende der Brexit-Zeitschleife allerdings auch (noch) nicht, denn am vergangenen Donnerstag hat das britische Parlament – wie erwartet – für eine Verlängerung von Artikel 50 gestimmt. Verschoben ist aber nicht aufgehoben.

Für wie lange der Schwebezustand noch bleiben soll, ist indes weiterhin völlig unklar. Das sind vor allem für Unternehmen und Investoren abermals keine guten Nachrichten.

Unsicherheit gesichert: Schwebezustand bleibt
Die Verlängerung soll bis 30. Juni sein – falls der bereits zwei Mal abgelehnte Brexit Deal, den Premierministerin Theresa May mit der Europäischen Union (EU) ausgehandelt hat bis zum 20. März doch noch eine Mehrheit findet. Falls. Denn nach einer solchen Mehrheit sieht es aktuell nicht aus. Dennoch will May am morgigen Dienstag (19. März) erneut darüber abstimmen lassen.
 
Falls der Deal wie vermutet erneut „durchfällt“ im Parlament, soll die Verlängerung von Artikel „länger“ sein. Aktuell wird vermutet, dass es eine Verlängerung um ein Jahr geben könnte – was bedeutet, dass die Unsicherheiten bis 2020 gesichert und Wirtschaft und Unternehmen weiterhin mit hohen Risiken konfrontiert wären. Ein Albtraum auf repeat.

Europawahl in Sicht: EU stimmt wohl zu
Als Erstes müssen alle EU-Staaten der Verlängerung zustimmen. Auch wenn sich zunehmend Widerstand regt, gehen wir davon aus, dass das passieren wird. Gerade vor der Europawahl wollen die EU-Staaten sehr wahrscheinlich nicht als diejenigen gelten, die Großbritannien in den ungeregelten Brexit „schubsen“.

A propos Wahl – das bietet ein weiteres Kuriosum am Rande: Bei einer Verlängerung der Frist über den 30. Juni hinaus müssten die Briten selbst auch – zumindest vorläufig – an der Europawahl teilnehmen.

Kein harter Ausstieg – vielleicht ein weicherer?
Und was passiert dann? Ein weiteres Jahr politischer Stillstand und ein Tauziehen zwischen Regierung und Opposition? Oder ein Abkommen 3.0? Vermutlich nicht. Die EU hat bereits signalisiert, dass der in letzter Sekunde modifizierte Deal ihr letztes und bestes Angebot ist.

Die wahrscheinlichste Option ist nach der letzten Abstimmung tatsächlich, dass parteiübergreifend nach einer Mehrheit gesucht werden könnte für einen „weicheren Brexit“ mit dem dauerhaften Verbleib von Großbritannien in der Zollunion.

Wieso das? Neben dem „No Deal“, einem Abkommen, einem 2. Referendum und dem Verbleib in der EU war der weichere Ausstieg zuletzt immer eine der vier verbleibenden Optionen. Letzte Woche wurde im Zuge der Debatte im Parlament nicht nur über die Verlängerung von Artikel 50 abgestimmt, sondern auch über eine Vielzahl an anderen Vorschlägen. Die meisten wurden abgelehnt – und zwar mit recht deutlicher Mehrheit.

Parteiübergreifender Konsens in Sicht?
Ein Vorschlag allerdings scheiterte nur denkbar knapp: Mit einer Mehrheit von nur zwei Stimmen 314:312 wurde der Antrag von Hillary Benn, Labour Vorsitzende des Brexit Committees, abgelehnt. Sie hatte vorgeschlagen, eine parteiübergreifende Mehrheit für einen weicheren Brexit mit Verbleib in der Zollunion zu suchen. Dieser Vorschlag hat also aktuell mit etwa 50% Wahrscheinlichkeit die größten Aussichten auf Erfolg.

Bis dahin ist der Weg allerdings noch weit. Und keinesfalls sicher. Auch ein 2. Referendum (30%) oder Neuwahlen (20%) könnten je nach weiterem Verlauf noch eine Mehrheit im zerstrittenen Parlament finden. Es bleibt also spannend. Und es bleiben wirtschaftlich sehr unsichere Zeiten – für zunächst ungewisse Zeit.
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