Italiens „Nein“ zum Referendum – und was jetzt?

13. Dezember 2016 - „The show must go on“. Dieses „Nein“ ist kein Grund zur akuten Panik. Zumindest wird es weitaus weniger starke wirtschaftliche Auswirkungen haben als das Brexit-Referendum.

Dennoch sind es keine guten Nachrichten für italienische Unternehmen oder die italienische Wirtschaft. Letztere ist neben Bankenkrise, sowieso schon durch eine seit Jahren anhaltende Wachstumsschwäche, Überschuldung, geringe Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, hohe Personalkosten und hohe Arbeitslosigkeit gebeutelt. Jetzt kommt also auch noch politische Instabilität hinzu.

Mit gut 59% stimmten die Italiener mit „Nein“, Premierminister Matteo Renzi nahm daraufhin wie angekündigt seinen Hut. Das führt zu weiteren politischen Unsicherheiten innerhalb Europa. 2017 könnten diese eine kleine Vertrauenskrise in Italien auslösen – mit wirtschaftlichen Folgen.

Nebenwirkungen auf Banken und Anleihenmarkt?
Wenn es keine Nebenwirkungen auf die Banken oder den Anleihenmarkt gibt – was für uns derzeit das wahrscheinlichste Szenario ist – dürfte das 0,3 Prozentpunkte des italienischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) kosten. Das bedeutet aber auch: Die Wirtschaft im Stiefelstaat wächst dann um lediglich +0,6%. Das ist wenig im Vergleich zum Rest Europas, auch im Vergleich zum Rest Südeuropas.

Kaum ein Grund zur Freude, zumal sie schon seit Jahren nicht von der Stelle kommt. Eine solche Reflexreaktion ist in dieser Situation jedoch fast unvermeidbar. Dennoch dürfte diese weit von der finanziellen Krise 2011-12 entfernt sein. Damals fiel Italien fast auf ein Nullwachstum zurück.

EZB, Bankenunion und „Bail-in“
Sollte es aber doch zu Nebenwirkungen auf Banken und Anleihenmarkt kommen, dürfte ein solches Szenario auch jetzt wieder die Folge sein. Wahrscheinlich ist es derzeit aber nicht. Die lockere Geldpolitik hilft Italien. Die EZB kauft fleißig italienische Staatsanleihen. Die europäischen Institutionen haben außerdem ein wesentlich klareres Regelwerk zur Rettung von Banken ohne Staatsbeteiligung, zum Beispiel durch Bankenunion und die sogenannten „Bail-in“ Regeln.

Zudem profitiert Italien heute bei allen strukturellen Schwächen zumindest von einem Handelsbilanzüberschuss, der auch im Falle von höheren Zinsausgaben noch etwas Handlungsspielraum lässt. Durch das sogenannte „debt ring fencing“ dürfte die Ansteckungsgefahr für Europa überschaubar bleiben: 65% der italienischen Schulden werden von Italienern gehalten.

Bankensektor weiter anfällig
Der Bankensektor im Stiefelstaat bleibt auch weiterhin anfällig. Sie leiden unter dem jahrelangen Mini-Wachstum der Wirtschaft. Insbesondere die notleidenden und faulen Kredite machen den dortigen Instituten zu schaffen. Die notleidenden Kredite werden auf rund 360 Milliarden Euro geschätzt. Das ist mehr als die jährlichen Ausgaben des Bundeshaushalts. Fast 200 Milliarden Euro davon sind sogenannte „sofferenze“, also faule Kredite, die bereits abgeschrieben sind. Die Banken gehen demnach davon aus, dass sie endgültig verloren sind und sie keinen müden Euro zurückbekommen werden. Das entspricht fast 12% des italienischen BIP.

Hinzu kommt ihre geringe Profitabilität und zu geringe Kapitalisierung, insbesondere bei den kleinen und mittelgroßen Banken. Die Monte Paschi di Siena ist nur ein Beispiel dafür – übrigens die älteste Bank der Welt.

Unternehmen zahlen die Zeche
Italienische Unternehmen sind wirtschaftlich die Leidtragenden einer Vertrauenskrise, wenngleich diese eher mild ausfallen wird. Geringe Kapitalabflüsse aus dem Ausland und etwas schwierigere Finanzierungsbedingungen dürften die Folgen sein. Das bedeutet, Investitionen stagnieren insgesamt – statt wie bisher angenommen um 2% in 2017 zu wachsen.

Vor allem aber kämpfen sie mit anhaltenden Problemen: Die geringe Profitabilität und hohe Lohnkosten verringern die Wettbewerbsfähigkeit. Sie sind dabei weit hinter Spanien oder auch Irland zurückgefallen. Es wären dringend Reformen notwendig und Investitionen in Forschung und Entwicklung. Investitionen hängen jedoch wie überall am Vertrauen. In die Politik und den Bankensektor.

In Zeiten der politischen Instabilität ist Vertrauen Mangelware und Reformen in weiter Ferne. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Das homöopathische Wirtschaftswachstum dürfte also zunächst gekommen sein, um zu bleiben.

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