Warum immer mehr große Unternehmen pleite gehen

7. Dezember 2016 - Angesichts der seit Jahren rückläufigen Fallzahlen bei den Insolvenzen von Unternehmen in Deutschland wiegen sich viele Unternehmen in relativer Sicherheit. Häufig auch falscher Sicherheit, wenn man sich die Entwicklung der Schäden durch Insolvenzen zuletzt anschaut.

Fast 50% höher als im Vorjahr liegen die Schäden in den 12 Monaten bis Ende August 2016. Und das trotz erneut rückläufiger Fallzahlen. Der Grund: Es hat deutlich mehr größere Unternehmen getroffen, die 2016 in die Pleite geschlittert sind.

Handel besonders betroffen
Der letzte bekannte Umsatz von Textileinzelhändler Steilmann lag beispielsweise bei rund 900 Millionen Euro, Sinn Leffers und Wöhrl waren mit 300 Mio. bzw. 255 Mio. Jahresumsatz ebenfalls bekannte Branchengrößen, die 2016 ins Trudeln kamen. Da ist es wenig erstaunlich, dass der Handel zu den Branchen zählt, die sich warm anziehen mussten aufgrund der überproportional gestiegenen Schäden.

Neben dem Handel sind die entstandenen Verluste durch Pleiten aber auch im Bereich Wissenschaft und Technik, im produzierenden Gewerbe, im Bausektor, im Finanzbereich und im Transportgewerbe überdurchschnittlich hoch.

Sinkende Umsätze und Margen
Die Gründe für die steigenden Insolvenzen von wirtschaftlich bedeutenden Unternehmen sind unterschiedlich. Der Welthandel wächst nur leicht, im Wert (in US-Dollar) schrumpft er sogar erneut in 2016. Das drückt bei einigen Unternehmen auf die Umsätze. Die Gewinnmargen von Unternehmen in nicht-finanziellen Branchen sind in den letzten Jahren zudem gesunken.

Im textilen Einzelhandel und im Handel allgemein ist der Wettbewerbs- und Preisdruck sehr hoch, so dass dort Margen sehr niedrig sind und so manches Unternehmen am seidenen Faden hängt.

Das bedeutet, der finanzielle Spielraum ist bei einigen Firmen dadurch gering. In manchen Branchen und Fällen waren aber auch Überkapazitäten ein entscheidender Faktor für Insolvenzen von Großunternehmen, beispielsweise im Rohstoffsektor.

Keine Eintagsfliege
Eine Eintagsfliege ist die Entwicklung mit den deutlich höheren Schäden durch Großinsolvenzen nicht. Das zeigt auch der weltweite Trend. Auch hier geraten immer mehr große Firmen in einen Abwärtsstrudel. Schifffahrtsgröße Hanjin beispielsweise verbuchte einen jährlichen Umsatz von 5.730 Millionen Euro. Das dürfte die bis dato größte weltweite Pleite gewesen sein, die weite Kreise zog, auch nach Deutschland und  dem Schifffahrtsstandort Hamburg.

Deutschland ist einer der Exportweltmeister. Deutsche Unternehmen unterhalten Handelsbeziehungen in der ganzen Welt. Insofern sind sie nicht nur mit steigenden Schäden in Deutschland selbst konfrontiert, sondern auch mit den immer höheren Schäden im Ausland. Dort steigen zum Teil nicht nur Schäden an, sondern auch Fallzahlen. Insbesondere in Schwellenländern lauern zwar attraktive Absatzmärkte, aber auch zahlreiche Exportrisiken.

Die Schäden durch Insolvenzen dürften demnach auch 2017 weiterhin hoch sein – zumal Euler Hermes für das kommende Jahr in Deutschland von stagnierenden Fallzahlen bei den Unternehmensinsolvenzen ausgeht.

2017 mit Unsicherheiten
2017 wird ganz sicher kein schlechtes Jahr für die deutsche Wirtschaft. Die Deutschen behaupten sich auch im schwächelnden Welthandel und bei steigendem Wettbewerbsdruck sehr gut.

Trotzdem ist Vorsicht geboten: Neben geopolitischen Risiken durch zahlreiche Neuwahlen oder politische Konflikte, Protektionismus und steigenden Handelsbarrieren oder Brexit-Unsicherheiten kommen die Schäden durch Zahlungsausfälle zurück – gut getarnt hinter sinkenden Fallzahlen. Ein Wolf im Schafspelz, den man besser im Auge behalten sollte.

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