PARIS, 4. FEBRUAR 2014
Der Wandel Chinas zur Industrienation wird stabiler verlaufen, während die USA sich trotz der Unwägbarkeiten der Politik des billigen Geldes, die die Fed betreibt, wieder als Industrienation aufstellen werden, so die Prognose von Euler Hermes, weltweit führender Anbieter von Warenkreditversicherungen. Das sind nur zwei der 10 wichtigsten wirtschaftlichen Impulsgeber im Jahr 2014 laut Euler Hermes. Außerdem werden die entwickelten Volkswirtschaften Nordamerikas, der Eurozone und Japans ihren Beitrag zum globalen Wachstum steigern, und wichtige Wahlen könnten für Unsicherheit in einigen Schlüsselmärkten der Schwellenländer sorgen.
„Während die globale Rezession 2008/09 immer weiter aus unserem Blickwinkel verschwindet, haben die Notenbanken weltweit damit begonnen, ihre jeweilige Währungspolitik einem Umfeld anzupassen, das immer stärker von Wachstum geprägt ist“, konstatiert Ludovic Subran, Chefvolkswirt bei Euler Hermes.
„2014 wird ein weiteres herausforderndes Jahr sein, die Konjunktur wird jedoch in vielen Volkswirtschaften an Dynamik gewinnen. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Wirtschaftsaktivität sich aufgrund der verbesserten Aussichten in den entwickelten Volkswirtschaften gleichmäßiger auf die einzelnen Branchen verteilen wird.“
Die wichtigsten Veränderungsimpulse 2014
Impulsgeber 1: Der Wandel in China kommt in geordnete Bahnen
Im Asien-Pazifik-Raum bahnt sich eine wirtschaftliche Neuausrichtung an: solide, nachhaltig, aber langsamer. Zwar bleibt der Asien-Pazifik-Raum, allen voran der Hauptmotor China, die treibende Kraft der Weltwirtschaft, aber das Wachstum in Asien wird sich im Vergleich zum vorangegangenen Jahrzehnt (+5 %) auf +4,7 % jährlich verlangsamen. Dieses Wachstum wird jedoch nachhaltiger sein, wobei die belastbaren Handelsbeziehungen innerhalb der Region negative Impulse abfedern werden.
Impulsgeber 2: Die USA stärken ihre industrielle Macht, mit oder ohne Politik des billigen Geldes
In den USA hat sich die finanzpolitische Unsicherheit infolge der anhaltenden Politik des billigen Geldes der Fed, wenn auch in gemäßigterer Form, etwas gelegt. Am Arbeitsmarkt geht es aufwärts, und die politischen Rahmenbedingungen haben sich verbessert. Die ungebremste Förderung von Schiefergas und Erdöl wird den Markt mit billiger Energie überfluten. Als Ergebnis dieser doppelten Dynamik werden die verarbeitende Industrie, der Automobilsektor und die Wohnungswirtschaft dem Land ein wirtschaftliches Wachstum von 3 % im Jahr 2014 bescheren. 2013 waren es noch 1,8 %.
Impulsgeber 3: Wachstumsfördernde Maßnahmen im Euroraum
Das Wachstum des BIP im Euroraum wird 2014 wahrscheinlich positiv sein und bei 0,9 % liegen. Die beiden wichtigsten Wachstumsfaktoren hier sind, dass die südeuropäischen Mitglieder ihre strukturellen Reformen weiter vorantreiben und dass die bestehenden Finanzierungsmechanismen tragfähig bleiben. Das neue Programm der EZB beispielsweise, die sogenannten Very Long Term Refinancing Operations (VLTRO), sollte den Banken einen Anreiz geben, die Kreditvergabe an Firmen der realen Wirtschaft anzukurbeln.
Impulsgeber 4: Konjunkturfördernde Maßnahmen der USA, der Eurozone und Japans
Die anhaltende Unterstützung seitens der Zentralbanken der USA, der Eurozone und Japans ist eine unabdingbare Voraussetzung für die weitere Konjunkturerholung. In den USA werden die schrittweise durchgeführte Reduzierung der Ausweitung der Geldmenge sowie eine verbesserte zukunftsorientierte Lenkung der Geldpolitik wohl keine Gefahr für die Erholung darstellen. Gleichfalls werden lenkende Maßnahmen und eine zielgerichtete Liquiditätszufuhr das Wachstum in der Eurozone vorantreiben. In Japan werden die „Abenomics” – die anhaltende Anwendung der flexiblen Währungspolitik des früheren Premiers Abe –, eine expansive Geldpolitik sowie Strukturreformen für die Richtung des Wachstums entscheidend sein.
Impulsgeber 5: Inflationsabbau in den entwickelten Volkswirtschaften
Die Inflation in den entwickelten Ländern hat sich außer in Japan seit dem Frühjahr 2012 abgeschwächt. Weil das chinesische Wachstum zurückgeht, besteht 2014 weiterhin ein Abwärtsrisiko für Wirtschaftsgüter und Inflationsrate, während die gleichbleibend hohe Arbeitslosigkeit in den südeuropäischen Ländern einen anhaltenden Inflationsdruck aufrechterhält.
Impulsgeber 6: Länder der ökonomischen Peripherie satteln auf den Konjunkturaufschwung auf
Es ist zu erwarten, dass die lateinamerikanischen Länder und die europäischen Schwellenländer 2014 weiterhin von der Erholung in den USA und der Eurozone profitieren werden, sodass die Exportnachfrage wieder anziehen wird. Das Hauptproblem in politisch anfälligen Ländern wie Argentinien, der Türkei, der Ukraine und Venezuela bleibt die Liquidität.
Impulsgeber 7: Schwellenländer bleiben aus politischen Gründen anfällig
In den Schwellenländern spielt die politische Stabilität eine ebenso große Rolle wie die begrenzte Liquidität, weil sie häufig nicht die Kapazitäten haben, externe Schocks zu absorbieren. Geldpolitische Maßnahmen wie Währungsinterventionen und Zinsanpassungen werden bei der erfolgreichen Abwehr eines etwaigen Konjunkturabschwungs die Schlüsselrolle spielen. Diese Form proaktiven Eingreifens konnte im letzten Jahr sowohl in Brasilien als auch in Thailand beobachtet werden.
Impulsgeber 8: Alte und neue politische Risiken
Der Nahe Osten und Nordafrika bleiben die Regionen, die am stärksten vom politischen und sozialen Wandel betroffen sind. Besonders in Ägypten, Libyen und Tunesien bahnen sich Veränderungen des Systems an. Der Bürgerkrieg in Syrien wird auf die Nachbarländer Libanon und Irak übergreifen. Andere Regionen, die Sorge bereiten, sind Zentralasien, Nordkorea, Bangladesch und Venezuela. Während viele dieser Risiken lange bekannt sind, bringen die anstehenden Wahlen in Brasilien, Indien, Indonesien, Südafrika und der Türkei zusätzliche Unwägbarkeiten mit sich, da die Wähler sich dort sehr wechselfreudig zeigen.
Impulsgeber 9: Blockbildung als neue Variante des Protektionismus
Zwar werden Handelsallianzen wie die Pazifische Allianz und ASEAN normalerweise als positive Entwicklungen angesehen, doch sie tun sich für gewöhnlich schwer, zollfremde Handelshemmnisse abzubauen. Das bereitet insbesondere Sorge, wenn solche Beziehungen sich weiterentwickeln. Ein 2013 erschienener Bericht der Weltbank befand, dass die Abschaffung von Hemmnissen für die Lieferkette bis zu sechsmal effektiver sein könnte als die Aufhebung von Importzöllen.
Impulsgeber 10: Neuausrichtung des globalen Gleichgewichts
Trugen die Schwellenländer im letzten Jahrzehnt noch einen größeren Anteil zum weltweiten BIP bei als die fortschrittlichen Volkswirtschaften, findet aktuell eine Umverteilung des Wachstums statt. Voraussichtlich werden die Schwellenländer 2014 55 % zum Weltwirtschaftswachstum beitragen, die entwickelten Volkswirtschaften 45 %. Es handelt sich hier um eine erhebliche Annäherung verglichen mit 2008, als die entsprechenden Beiträge 98 % und 2 % ausmachten. Die wirtschaftliche Normalisierung in China hat bei dieser Konsolidierung eine erhebliche Rolle gespielt, wobei ein starkes politisches Fundament und geeignete strukturelle Reformen notwendig sein werden, um dieses Gleichgewicht aufrechtzuerhalten.
„Zwar ist der Ausblick für 2014 im Allgemeinen positiv, jedoch bleibt die weltweite Konjunkturerholung offensichtlich mit vielen Risiken behaftet“, zieht Ludovic Subran ein Fazit. „Politische Stabilität und eine gut durchdachte Geldpolitik sind ebenso ausschlaggebend wie das Entgegenkommen der Notenbanken und freundliche Handelsbeziehungen.“