- Forderungslaufzeit sinkt 2018 im weltweiten Durchschnitt um 1 Tag auf 65 Tage
- Für 2019 weiterer Rückgang auf 64 Tage erwartet
- Rote Laterne für China, aber Südeuropäer zurück in schlechten alten Gewohnheiten
- Deutschland auf Rang 12 im oberen Mittelfeld, Schnellzahler sitzen in Neuseeland, Südafrika, Österreich und der Schweiz
Hamburg, 15. Mai 2019 – Das weltweite Zahlungsverhalten hat sich im vergangenen Jahr leicht verbessert. Die sogenannten „Days of Sales Outstanding“ (DSO), also die Forderungslaufzeit zwischen Rechnungslegung und der tatsächlichen Bezahlung, waren 2018 mit weltweit durchschnittlich 65 Tage einen Tag kürzer als noch im Vorjahr. 2017 hatte allerdings den höchsten Stand seit zehn Jahren markiert. Die leichte Verbesserung des Zahlungsverhaltens dürfte sich auch 2019 fortsetzen. Der weltweit führende Kreditversicherer Euler Hermes geht in seiner aktuellen Studie für 2019 von einer Forderungslaufzeit von durchschnittlich 64 Tagen aus (-1 Tag).
Gute Zeiten – schlechte Zeiten: Wie Wirtschaft und Unsicherheit die Zahlungsmoral beeinflusst
„In wirtschaftlich guten Zeiten drücken Unternehmen bei ihren Kunden gerne mal ein Auge zu. Sie gewähren längere Zahlungsziele und dulden auch eher eine schlechtere Zahlungsmoral“, sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Die große Unsicherheit, die 2018 durch den Brexit, den Handelskonflikt und die plötzlich stark steigenden Handelsbarrieren entstanden, hat jedoch das Risikobewusstsein vielerorts wieder geschärft. Das hat zu einer stärkeren Disziplin bei den Zahlungszielen geführt. In schlechten Zeiten scheuen Unternehmen das Risiko, haben weniger Vertrauen und bringen lieber ihre Schäfchen ins Trockene. Das stößt nicht immer auf Gegenliebe, denn umgekehrt versuchen Abnehmer in schlechteren Zeiten vermehrt, ihre Zahlungsziele zu verlängern – insbesondere dann, wenn sie selbst recht knapp bei Kasse sind.“
Diese beiden gegensätzlichen Trends haben dazu geführt, dass sich der weltweite Durchschnitt der DSO nur leicht verbessert hat.
China: rote Laterne für Spätzahler – aber Südeuropäer mit Rückfall in schlechte Gewohnheiten
„Die rote Laterne geht erneut an China“, sagt Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Euler Hermes Gruppe und stellvertretender Chefvolkswirt der Allianz. „Unternehmen müssen in China im Schnitt ganze drei Monaten auf ihr Geld warten. Allerdings folgen nur knapp dahinter gleich fünf Mittelmeerstaaten, darunter zahlreiche Europäer. Sie sind zum Teil in schlechte alte Gewohnheiten zurückgefallen und erfüllen 2018 vielerorts das Klischee, dass Südeuropäer bei der Zahlungsmoral nicht gerade zu den Klassenbesten gehören.“
Hinter China (92 Tage) gehören Griechenland (90), Italien (86), Marokko (84), die Türkei (79) und Spanien (78) ebenfalls zu den schlechtesten Zahlern. Nach Saudi-Arabien (77) und Taiwan (74) folgen mit Frankreich und Portugal (je 73) zwei weitere europäische Staaten in den „Negativ-Top-10“. In Italien ist die Verschlechterung der Zahlungsmoral mit +5 Tage besonders eklatant, aber auch Frankreich, Griechenland (je +2) und Spanien (+1).
Deutschland auf Rang 12 – Schnellzahler wohnen in Neuseeland, Südafrika und Österreich
Deutschland liegt mit 54 Tagen (unverändert im Vergleich zum Vorjahr) 11 Tage unter dem weltweiten Durchschnitt. Das bedeutet Rang 12: Für die „Top 10“ der Schnellzahler hat es nicht gereicht. Die vorbildlichsten Zahlen sitzen in Neuseeland (47), Südafrika (48) sowie den deutschen Nachbarn Österreich (49) und der Schweiz (50).
Branchen: Elektronikbranche, Maschinenbau und Baugewerbe zahlen spät
Weltweit müssen Unternehmen in der Elektronikbranche (89 Tage) sowie im Maschinenbau (86) und Baugewerbe (82) besonders lange auf ihr Geld warten. Letztere Branche war 2018 zudem von der höchsten Anzahl an Großpleiten betroffen. Weltweit meldeten 51 große Bauunternehmer im Jahr 2018 Insolvenz an.
Schnelle Bezahlung heißt nicht risikofrei – Einzelhandel bestes Beispiel
„Eine durchschnittliche schnelle Bezahlung heißt nicht zwingend, dass alles rund läuft“, sagt Van het Hof. „Der weltweite Einzelhandel zahlt beispielsweise am Schnellsten. Die Forderungslaufzeit (DSO) hat sich 2018 um 5 Tage auf 43 Tage reduziert. Der Grund ist hier allerdings, dass sich durch den massiven Strukturwandel die Bedingungen in der Branche verschärft und Banken die eingeräumten Überziehungskredite deutlich gekürzt haben. Die Unternehmen haben also weniger Spielraum, um Liquiditätsengpässe abzupuffern. Sie müssen pünktlich bezahlen. Das könnte sich in Zukunft aber auf die Zulieferkette auswirken. Zulieferer könnten eventuell gezwungen sein, ihre Zahlungsziele für Einzelhändler zu verlängern. Das birgt Risiken, denn einige Unternehmen sind Spitz auf Knopf finanziert und hängen am seidenen Faden. Vorsicht ist also auch bei kurzen Zahlungsfristen geboten – das ist kein sorgloser Freifahrtschein.“
Deutschland: Luftfahrt-, Pharmaindustrie und Elektronikbranche zahlen am spätesten
In Deutschland werden Unternehmen in der Luftfahrt- und Pharmaindustrie sowie der Elektronikbranche am spätesten bezahlt. In der Luftfahrt müssen Lieferanten mit 77 Tagen über drei Wochen länger auf ihr Geld warten als im bundesweiten Durchschnitt von 54 Tagen. Aber auch in der Pharmaindustrie bezahlen Unternehmen erst nach 72 Tagen ihre Rechnungen (Vorjahr: 77 Tage), in der Elektronikbranche nach 67 Tagen (Vorjahr: 66 Tage). Besonders schnelle Zahler hingegen findet man in Deutschland vor allem in endkundennahen Sektoren, insbesondere im Einzelhandel (28 Tage, Vorjahr: 29 Tage), in der Telekommunikationsbranche (38 Tage, Vorjahr: 42 Tage) sowie im Lebensmittelsektor (44 Tage, Vorjahr: 39 Tage). Die stärkste Verbesserung verzeichneten 2018 die freiberuflichen Dienstleistungen in Deutschland mit einem Rückgang der Forderungslaufzeit von durchschnittlich sieben Tagen. Sieben Tage länger als noch im Vorjahr müssen hingegen Unternehmen aus den Bereichen Freizeitindustrie und Haushaltswaren warten.
Die vollständige Studie zum weltweiten Zahlungsverhalten (ENG, PDF):
https://www.eulerhermes.com/content/dam/onemarketing/euh/eulerhermes_com/erd/publications/pdf/20190509-TheView-DSO.pdf
Eine Pressemeldung und Studie zum eskalierenden Handelskonflikt zwischen USA und China:
https://www.eulerhermes.de/presse/pressemitteilungen/usa-china-handelskonflikt-welthandel-wuerde-bei-eskalation-schrumpfen.html
CEO Blog Ron van het Hof zum eskalierenden Handelskonflikt USA-China:
http://eulerhermes-blog.de/2019/05/handelskonflikt-das-gift-der-unsicherheit/
Die vollständige Studie zu den Folgen des eskalierenden Handelskonflikts zwischen den USA und China (ENG, PDF):
https://www.eulerhermes.com/content/dam/onemarketing/euh/eulerhermes_com/erd/publications/pdf/20190510-Memo-US-ChinaTrade.pdf
Entwicklung weltweite Insolvenzen 2019 (Pressemeldung und Studie):
https://www.eulerhermes.de/presse/pressemitteilungen/euler-hermes-insolvenzstudie-pleiten-nehmen-in-2019-wieder-zu.html
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