Herr Kirsch, was hat Sie dazu bewogen, sich mit Betrug in Apotheken-Abrechnungszentren zu beschäftigen?
Rüdiger Kirsch: Seit September hält der mutmaßliche Betrugsfall rund um den Rezept-Abrechner AVP die Apothekenwelt in Atem. Die Aufgabe des Dienstleisters ist es, die Rezepte für die Apotheken mit den Krankenkassen abzurechnen. Treuhänderisch erhält er von den Krankenkassen das Geld und zahlt es anschließend an die Apotheken aus. Im aktuellen Fall scheinen nun aber über 400 Millionen Euro einfach verschwunden zu sein. Ein Insolvenzverfahren wurde eingeleitet und die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen betrügerischer Insolvenz. Das Schlimme daran: Nach Angaben von Branchenverbänden sollen rund 3.500 Apotheken betroffen sein, die durchschnittlich auf 120.000 Euro an Rezeptgebühren warten, in Einzelfällen soll es sogar um bis zur 1 Mio. EUR gehen. Das reißt riesige Löcher in die Kasse und so manche Pharmazie hat dadurch unverschuldet finanzielle Probleme oder steht dadurch schlimmstenfalls sogar vor dem Aus. Deshalb haben wir uns damit beschäftigt, wie man so etwas künftig vermeiden kann.

Wie kann man denn einen solchen Betrug vermeiden als Apotheke?
Kirsch: Eine Apotheke kann den Betrug eines Dienstleisters natürlich nicht verhindern. Es geht vielmehr darum, wie man sich gegen finanzielle Schäden aus solchen Betrügereien schützen kann. Und da kommen wir ins Spiel. Wir haben dafür nun erstmals eine Absicherungsmöglichkeit.

Und wie sieht diese aus?
Kirsch: Unsere Lösung hat zugegebenermaßen einen zunächst etwas sperrigen Namen: „Vertrauensschadenversicherung“ (VSV). Der Name kommt daher, dass diese Police gegen finanzielle Schäden durch sogenannte Vertrauenspersonen schützt. Vertrauenspersonen sind zum Beispiel die eigenen Mitarbeiter. Zu Vertrauenspersonen zählen aber auch externe Dritte wie zum Beispiel die Putzfrau, der IT-Dienstleister, der die Infrastruktur wartet, sowie Hacker, die das Unternehmen gezielt angreifen. Eine VSV schützt gegen finanzielle Schäden durch kriminelle Handlungen wie Betrug, Veruntreuung und Unterschlagung oder eben durch Hackerangriffe. Der klassische Griff in die Kasse oder den Apothekenschrank ist damit abgesichert, aber auch Betrug mit gefälschten Rechnungen etc.

Und wo kommen jetzt die Abrechnungsdienste ins Spiel?
Kirsch: Wir haben die bestehende Deckung erweitert, speziell für Apotheken als Reaktion auf die jüngsten Vorkommnisse. Konkret haben wir den Kreis der Vertrauenspersonen erweitert. Zu diesen gehören nun auch Apothekenabrechnungsdienstleister sowie deren Angestellte, die im Auftrag der Apotheke für diese berufsübliche Dienstleistungen erbringen. Diese Personen sind auch dann Vertrauenspersonen, wenn die Tätigkeit für das versicherte Unternehmen nicht in den Räumen oder auf dem Betriebsgelände des versicherten Unternehmens ausgeübt wird. Das gab es so bisher noch nicht. Es hilft zwar im aktuellen Fall nicht mehr – aber damit können sich Apotheken in Zukunft genau gegen solche Betrugsfälle schützen.

Und was kostet der Spaß?
Kirsch: Das lässt sich pauschal nicht sagen. Es richtet sich nach der Anzahl der Mitarbeiter und gegebenenfalls Filialen, der gewünschten Versicherungssumme und Selbstbehalt sowie dem Einschluss von weiteren Bausteinen. Für kleine Apotheken gibt es bereits ab etwa 1.500 EUR Jahresprämie einen entsprechenden Schutz. Schaut man sich die Außenstände im aktuellen Betrugsfall an, ist das vermutlich sehr gut investiertes Geld.

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