21. Juli 2020 - Es ist ein Ausruck, der seit März 2020 unzählige Male in den Medien verwendet wurde aber wir leben tatsächlich in "beispiellosen" Zeiten. Inmitten der globalen Covid-19-Pandemie mussten sich Unternehmen und Einzelpersonen angesichts der staatlichen Auflagen und des Social Distancing an eine neue Art des Wirtschaftens und Arbeitens anpassen.

Neben der Bewältigung der Krise auf täglicher Basis mussten Führungskräfte in der Wirtschaft auch die Art und Weise, wie sie ihre Unternehmen entwickeln, neu bewerten, und CFOs und die Finanzfunktion spielen dabei eine entscheidende Rolle.   

Im Februar 2020 befragten wir 847 hochrangige Finanzentscheider in Organisationen in ganz Westeuropa, um zu erfahren, wie sie die Geschäftswelt zu diesem Zeitpunkt einschätzten und was dies für die Zukunft bedeutet. Wir ahnten damals nicht, wie Covid-19 unsere Art zu leben und zu arbeiten in so bemerkenswert kurzer Zeit verändern würde.

Die Pandemie bot uns jedoch eine unerwartete Gelegenheit: Durch die Durchführung einer zweiten Umfrage im Mai konnten wir die Einstellung der Finanzchefs vor Covid-19 direkt damit vergleichen, wie sie sich nach Monaten der Pandemie fühlten. Sie können unseren Umfragereport 2020  "Der Finanzchef von morgen" kostenlos downloaden, indem Sie hier klicken.

Wie beeinflusst die Pandemie die Finanzentscheider?
Seit die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11. März Covid-19 offiziell zur Pandemie erklärte, haben zahlreiche Medienberichte die Auswirkungen auf das Vertrauen der Unternehmen untersucht. Es überrascht nicht, dass Wirtschaftsführer im Allgemeinen weniger zuversichtlich sind als vor dem Ausbruch der Pandemie. Doch während die Unsicherheit eindeutig zunimmt, hat unsere Umfrage auch gezeigt, dass viele CFOs hinsichtlich ihrer Unternehmen, ihrer persönlichen Rolle und ihrer Fähigkeit, ihren Arbeitsbereich in der neuen Normalität zu steuern, optimistisch bleiben.

Das mag wohl daran liegen, dass die CFOs in den ersten Wochen nach dem Ausbruch der Pandemie kaum eine Vorstellung davon hatten, wie die Zukunft aussehen würde. In einem im Juni 2020 veröffentlichten Bericht jedoch erklärten nur 4 % der CFOs, dass die Auswirkungen der Krise nach wie vor schwer abzuschätzen seien - was darauf hindeutet, dass sie mittlerweile eine klarere Sicht auf den vor ihnen liegenden Weg haben. Vor diesem Hintergrund fassen wir im Folgenden drei Schlüsselerkenntnisse aus den Antworten der CFOs auf unsere Umfrage zusammen.

Zuversicht und Optimismus bleiben
Mit Blick auf das Jahr 2020 waren die Finanzchefs zunächst weitgehend zuversichtlich, selbst angesichts der wirtschaftlichen Turbulenzen, die durch Themen wie den Handelskrieg zwischen China und den USA oder den Brexit verursacht wurden. Unserer Umfrage Anfang des Jahres zufolge gab es einen klaren Optimismus in Bezug auf Umsatz und Gewinn - 67% bzw. 69% der Finanzchefs rechnen mit einer Verbesserung von Umsatz und Rentabilität.

Bei einer zweiten Umfrage im Mai fielen die Zahlen für Umsatz und Rentabilität auf 52% bzw. 48%. Angesichts der massiven Störung der normalen Arbeitspraktiken durch Covid-19 stellen diese Zahlen immer noch ein hohes Maß an Positivität dar. Das starke Vertrauen der Unternehmen im Februar 2020 spiegelte sich in der Selbstwahrnehmung der Finanzchefs wider. Auf die Frage, wie sie ihre Rolle im kommenden Jahr einschätzen, waren Zuversicht (50%) und Optimismus (48%) die beiden Wörter, die am häufigsten genannt wurden.

Diese Zahlen für Zuversicht und Optimismus waren in der zweiten Umfrage mit 36% bzw. 42% niedriger. Im Vergleich dazu gab es einen – angesichts der Pandemie – verständlichen Anstieg derer, die sich "gestresst" oder "verängstigt" fühlten. Bedeutsam ist jedoch, dass Zuversicht und Optimismus immer noch höher bewertet wurden als jedes andere Gefühl, was eindeutig die Widerstandsfähigkeit der CFOs beweist.
Auf die Frage, warum sie auch nach dem Ausbruch der Pandemie optimistisch seien, nannten die Finanzchefs den technologischen Fortschritt (siehe unten) und neue Möglichkeiten als Hauptgründe. Vor allem aber hatten sie das Gefühl, dass sich die Dinge bald wieder normalisieren würden.

Mit der Bewältigung der unmittelbaren Krise und einem klareren Gespür für die Auswirkungen von Covid-19 war unter den Finanzchefs der Glaube weit verbreitet, dass die Ursachen des Optimismus, die vor der Krise bestanden, nach wie vor Bestand haben.

Die Technologie ist ein Schlüsselfaktor für Optimismus
Einer der Schlüsselfaktoren für den Optimismus der Finanzführer vor dem Covid-19 waren neue Technologien. Als sie im Februar zu den Auswirkungen verschiedener Trends auf ihre Unternehmen befragt wurden einschließlich des Zugangs zu Finanzmitteln, des Wirtschaftswachstums und des Welthandels – sagten 78% der Führungskräfte im Finanzbereich, dass sich die neuen Technologien im vergangenen Jahr positiv auf ihre Unternehmen ausgewirkt hätten.

73% gaben sogar an, dass sie sich von den potenziellen Auswirkungen der neuen Technologien begeistert zeigten – eine Zahl, die bei unserer erneuten Umfrage im Mai auf 75% gestiegen ist. Technologie war während der Pandemie von entscheidender Bedeutung, nicht zuletzt wegen der Entwicklung hin zur Arbeit im Home Office. Diejenigen Finanzabteilungen, die in Technologie investiert hatten, um ihre Arbeit zu erleichtern, auch durch Prozessautomatisierung, werden sich wahrscheinlich reibungsloser durch die Sperren bewegt haben.

Diese Begeisterung für neue Technologien spiegelt sich in einem anhaltenden Engagement für Investitionen wider. Vor Covid-19 wurde auf die Frage, in was sie investieren würden, wenn ihr Unternehmen mehr Schulden oder Fremdkapital aufnehmen könnte, die digitale Technologie als höchste Priorität angesehen – 22% der Finanzleiter gaben dies an.

Auch nach dem Ausbruch der Pandemie gaben immer noch 21% an, dass Investitionen in die digitale Technologie höchste Priorität haben würden – überholt nur vom Betriebskapital, von dem 30% sagten, dass es ihre höchste Priorität für Investitionen im kommenden Jahr sein würde – verständlich angesichts des aktuellen Wirtschaftsklimas.

Wenn man bedenkt, wie konstant die Zahl in Bezug auf Technologie-Investitionen geblieben ist, ist es wahrscheinlich, dass diese mittel- bis langfristig wieder zur obersten Priorität der Unternehmen werden, vor allem, wenn sie ihre Geschäftstätigkeit im Zuge Covid-19 „neu erfinden“ müssen. 

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind wichtigere CFO-Fähigkeiten als früher
Bereits vor der Pandemie änderte sich die traditionelle Rolle des CFO, der rein technische Fähigkeiten mit Strategie und Innovation in Einklang brachte. Beim Übergang in die neue Normalität werden sich diese Fähigkeiten weiterentwickeln, da die CFOs sich bemühen, mit Zuversicht zu führen.

Als wir die Finanzleiter im Februar nach den Soft Skills befragten, die sie benötigen, um erfolgreich zu sein, rangierten "flexibel" und "anpassungsfähig" an erster Stelle – noch vor traditionelleren Bereichen wie "detailorientiert" und "akademisch".
Diese Eigenschaften sind im Zuge der Pandemie noch wichtiger geworden. Tatsächlich haben Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im Vergleich zur Umfrage vor Covid-19 mehr als alle anderen Eigenschaften an Bedeutung gewonnen.

Wird nach der Krise besser als vor der Krise?
Trotz der Unsicherheit, die die Pandemie verständlicherweise verursacht hat, darf nicht vergessen werden, dass es eine Zeit vor Covid-19 gab und es eine Zeit danach geben wird. Auch wenn für viele Unternehmen schwierige Zeiten vor ihnen liegen, herrscht doch die überwiegende Meinung vor, dass nach dem Ende der Krise die zugrundeliegenden Faktoren, die das Vertrauen und den Optimismus der Finanzchefs förderten, wieder in den Vordergrund rücken werden.

Zu diesem Schluss kommt Louise Jordan, CFAO, Euler Hermes Nordamerika: "Die CFOs sollten optimistisch sein, was die Widerstandsfähigkeit und Kreativität betrifft, die aus der Krise entsteht. In den nächsten Monaten wird die Wirtschaft wieder in Schwung kommen, und wir werden neue Produkte und Dienstleistungen sehen, die es vor der Krise noch nicht gab. Gleichzeitig werden die Arbeitnehmer kluge, neue Arbeitsweisen finden. Kombiniert man diese miteinander, dann hat man ein stärkeres, effizienteres Geschäftsmodell als vor der Krise.“