Der (Energie-)Preis des Krieges für europäische Haushalte

04.03.2022 - Der Einmarsch in die Ukraine wird die ohnehin schon hohen Energiepreise in Europa noch weiter in die Höhe treiben: Wir erwarten für 2022 einen Anstieg der Energierechnung um mindestens 30%, wobei einkommensschwache Haushalte im Vereinigten Königreich und in Deutschland am stärksten betroffen sind. Für 2022 rechnen wir mit einer Gesamtenergierechnung pro Haushalt von 3400 EUR in Deutschland, über 3000 EUR im Vereinigten Königreich, 2800 EUR in Frankreich und knapp unter 2000 EUR in Italien und Spanien.

Im Vergleich zur Vorkriegssituation bedeutet dies für den Durchschnittsverbraucher einen zusätzlichen Verlust von -2pp im Vereinigten Königreich, -1,5pp in Deutschland und -1pp in Frankreich, Italien und Spanien. Im schlimmsten Fall, d. h. bei einer teilweisen Unterbrechung der Energieversorgung und einem zusätzlichen Anstieg der Energiepreise um 70 % (Wahrscheinlichkeit von 20 %), würde das verfügbare Einkommen eines durchschnittlichen europäischen Haushalts um weitere 2,5 Prozentpunkte sinken. Damit würden sich die Gesamtkosten im Vereinigten Königreich und in Deutschland auf mehr als -4 Prozentpunkte belaufen, was zusätzlichen Kosten von mehr als 1200 EUR pro Haushalt entspricht.

Für mehr als die Hälfte der Haushalte reichen die überschüssigen Einsparungen nicht aus, um die Einkommenseinbußen durch höhere Energierechnungen aufzufangen. Ohne weitere staatliche Unterstützungsmaßnahmen könnte der daraus resultierende Rückgang der Verbraucherausgaben das BIP-Wachstum im Vereinigten Königreich um -0,6 Prozentpunkte, in Deutschland um -0,5 Prozentpunkte und in Frankreich, Italien und Spanien um -0,4 Prozentpunkte verringern. Im schlimmsten Fall könnten die Kosten für das Wachstum aufgrund geringerer Verbraucherausgaben bis zu -1,1 Prozentpunkte betragen.

In diesem Zusammenhang werden zusätzliche staatliche Hilfen von mehr als 20 Mrd. EUR in Deutschland, 14 Mrd. EUR im Vereinigten Königreich, 17 Mrd. EUR in Frankreich und fast 10 Mrd. EUR in Italien und Spanien erforderlich sein. Im schlimmsten Fall könnte die zusätzlich benötigte Unterstützung 75 Mrd. EUR in Deutschland und 50 Mrd. EUR im Vereinigten Königreich und Frankreich erreichen. Maßnahmen sowohl auf der Nachfrageseite (d. h. Rationierung nicht lebensnotwendiger Aktivitäten) als auch auf der Angebotsseite (d. h. strategische Reserven) könnten helfen: Eine Angebotskürzung für die nichtenergetische Nutzung von Öl und Gas würde das Angebot für die energetische Nutzung in Deutschland um +10 %, in Frankreich um +9 % und in Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich um etwa +6 % erhöhen.