Deutschlands Verfassungsgericht und Klimaschutz: Fiskalische Belastungen erst nach 2030

5. Mai 2021 - Die fiskalischen Belastungen aus der ambitionierten deutschen Klimapolitik türmen sich erst nach 2030 auf. Indem das Bundesverfassungsgericht dies erkennt und das Klimaschutzgesetz 2019 deshalb als teilweise verfassungswidrig bezeichnet, versucht es, die Interessen künftiger Generationen in den politischen Prozess einzubinden.

Dies könnte eine tektonische Verschiebung für zukünftiges Klimahandeln auslösen. Unter Verwendung von Berechnungen für einen repräsentativen Archetyp in Projektionen, die mit den Szenarien des Netzwerks der Zentralbanken und Aufsichtsbehörden für die Ökologisierung des Finanzsystems (NGFS) übereinstimmen, zeigen unsere Analysen, dass eine Erhöhung der Ambitionen vom aktuellen 2°C-Trajektor auf einen 1,5°C-Trajektor keine großen Auswirkungen auf die Kohlenstoff- und durchschnittlichen Strompreise bis 2030 hat. Dies ist auf die stark sinkenden globalen Investitionskosten in einem koordinierten 1,5°C-Szenario für die typischen erneuerbaren Energien zurückzuführen, die aus Kostensenkungen durch Skaleneffekte resultieren.

Die große Kostenbelastung tritt zwischen 2030 und 2050 ein, da das ambitioniertere Szenario einen viel größeren Einsatz von Photovoltaikkapazitäten in Kombination mit früheren und größeren Wasserstoffkapazitäten sowie einen stärkeren Einsatz von Kohlenstoffabscheidung und -speicherung erfordert. Das Verfassungsgericht geht explizit auf die Frage ein, wie die finanziellen Lasten auf die verschiedenen Generationen verteilt werden sollen.

Entscheidend für die Umverteilung ist die Frage, ob die heutige Generation das Recht hat, die Umwelt zu zerstören. In diesem Fall müssten künftige Generationen sie entschädigen, damit die heutige Generation ihre zukünftige Lebensgrundlage nicht zerstört. Alternativ, wenn zukünftige Generationen das Recht haben, den Schutz ihrer Lebensgrundlagen zu fordern, muss die heutige Generation sie für die Verschmutzung der Umwelt heute entschädigen. Die derzeitige politische Praxis orientiert sich an Ersterem, während das Verfassungsgerichtsurteil so interpretiert werden könnte, dass die letztere Interpretation begünstigt wird.