Gewährleistung: Mängelhaftung bei Bauleistungen nach BGB und VOB

Das Thema „Gewährleistung“ ist in der Baubranche oft ein schwieriges Thema zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Wenn Mängel festgestellt werden, geht es um Haftungsfragen, die schnell zu Auseinandersetzungen bis hin zu teuren und langwierigen Rechtsstreitigkeiten führen können. Umso wichtiger ist es zu wissen, wie man sich als Bauunternehmer gegen finanzielle Risiken bei einer langen Gewährleistungsdauer absichern kann. In diesem Artikel möchten wir Ihnen einen ersten Überblick über einige wichtige Fragen und Antworten geben.

Das Wichtigste vorab:

  • Gewährleistung bedeutet, dass der Auftragnehmer für seine mangelhaften Leistungen gegenüber dem Auftraggeber einzustehen und die Mängel auf eigene Kosten zu beseitigen hat.
  • Sowohl die werkvertraglichen Vorschriften des BGB als auch die VOB enthalten Regelungen der Mängelhaftung bei Bauwerken.
  • Gewährleistungsbürgschaften – auch als Mängel(ansprüche)bürgschaften bezeichnet – bieten eine Möglichkeit, die Haftung für Gewährleistungspflichten an einen Bürgen zu übertragen, wenn der Hauptschuldner den Schaden nicht mehr selbst beheben kann. 
  • Hierzu bedarf es aber einer entsprechenden Vereinbarung im Bauvertrag, der sog. Sicherungsabrede.

Die Gewährleistung bei Bauwerken ist in den werkvertraglichen Vorschriften der §§ 633 bis 639 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) sowie – sofern vereinbart – in § 13 VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (früher als Verdingungsordnung für Bauleistungen bezeichnet) Teil B geregelt.

Bei der VOB handelt es sich nicht um eine gesetzliche Regelung, sondern um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 BGB, die vom Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA) erarbeitet und regelmäßig überarbeitet wird. Diese wird häufig vereinbart, nicht nur von öffentlichen Auftraggebern, die ausschließlich auf dieser Grundlage Verträge schließen dürfen. Dann spricht man von einem VOB-Vertrag. Dieser enthält ein paar Abweichungen und Modifizierungen im Verhältnis zum BGB-Vertrag.

Sowohl nach dem BGB als auch nach der VOB hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber seine Leistung – zum Zeitpunkt der Abnahme – frei von Sachmängeln zu verschaffen.

Die Leistung ist – zur Zeit der Abnahme – frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
Ist die Beschaffenheit nicht vereinbart, so ist die Leistung zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, ansonsten für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann.

Die Rechte des Auftraggebers bei Vorliegen eines Baumangels und die sich daraus ergebenden Pflichten des Auftragnehmers sind in § 634 BGB sowie § 13 Absätze 3 bis 7 VOB/B festgehalten. Danach hat der Auftraggeber nach Anzeige des Mangels – auch als Mängelrüge bekannt – die folgenden Ansprüche:

  • (zunächst nur) auf Nacherfüllung (§ 635 BGB; § 13 Absatz 5 Nr.1 VOB/B)), dann alternativ
  • auf Ersatz der Aufwendungen und Vorschuss bei Selbstvornahme (§ 637 BGB; § 13 Absatz 5 Nr.2 VOB/B) oder
  • Rücktrittsrecht (§ 634 Nr. 3 BGB und die dort genannten Vorschriften; bewusst keine Regelung in der VOB/B, da als überflüssig betrachtet) oder
  • Minderungsrecht (§ 638 BGB; § 13 Absatz 6 VOB/B) oder
  • auf Schadensersatz (§ 634 Nr. 4 BGB und die dort genannten Vorschriften; § 13 Absatz 7 VOB/B).

Nach § 634a Absatz 1 Nr.2 und Absatz 2 BGB verjähren Gewährleistungsansprüche bei Bauwerken innerhalb von 5 Jahren, beginnend mit der Abnahme der Bauleistungen.

Demgegenüber ist die Verjährungsfrist nach § 13 Abs. 4 Nr.1 VOB/B auf 4 Jahre verkürzt. Allerdings kann der Lauf der Verjährung der Mängelansprüche durch ein erstes schriftliches Mangelbeseitigungsverlangen kurz vor Ablauf der Frist um weitere 2 Jahre verlängert werden. Dieser „Quasi-Neubeginn“ ergibt sich aus § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B.

Nach der Abnahme der Mangelbeseitigungsarbeiten beginnt dann für diese Leistungen eine neue selbständige Verjährungsfrist von 2 Jahren (§ 13 Abs. 5 Nr.1 Satz 3 VOB/B).

Hingegen wird beim BGB-Vertrag davon ausgegangen, dass der Nachbesserungsanspruch wie der eigentliche Erfüllungsanspruch der Sonderverjährung nach § 634a BGB unterliegt.  Gleiches dürfte dann auch für die Verjährung der Mängelbeseitigungsleistungen gelten, also bei Bauwerken jeweils eine Frist von 5 Jahren.

Nach § 639 BGB ist das grundsätzlich möglich, aber mit der Einschränkung, dass der Auftragnehmer sich hierauf nicht berufen kann, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine Garantie für die Beschaffenheit des Werkes – die eben von der Gewährleistung zu unterscheiden ist – übernommen hat.

Hingegen sind Einschränkungen oder der Ausschluss der Gewährleistungsrechte mit Vereinbarung der VOB/B grundsätzlich nur in dem sich aus § 13 Absatz 7 Nr.5 VOB/B ergebenden beschränkten Umfang möglich, da die VOB nur als Ganzes vereinbart werden kann und eine isolierte oder abweichende Vereinbarung zur Unwirksamkeit nach § 309 Nr.8b) ff. BGB führt.

Nicht selten komme es bei Gewährleistungsfragen zu Rechtsstreitigkeiten unter Bauvertragspartnern. Eine wichtige Rolle fällt dabei der lückenlosen Baudokumentation zu. Das Grundprinzip lautet: Bis zur Abnahme ist der Auftragnehmer in der Beweispflicht, danach der Auftraggeber. Eine exakte Dokumentation ist daher für beide Seiten von entscheidender Bedeutung.

Darüber hinaus ist wichtig zu wissen, dass für die lange Dauer der Gewährleistung regelmäßig ein Teil des Werklohnes einbehalten wird. Dieser sogenannte Sicherungseinbehalt wird zwar im BGB nur für einen besonderen Fall erwähnt (§ 641 Absatz 2 BGB), ist aber in der Regel Gegenstand einer Sicherungsabrede im BGB-Bauvertrag. Das gilt erst recht beim VOB-Vertrag. Hier regelt § 17 VOB/B ausdrücklich die Sicherheitsleistung, sofern diese – was eigentlich immer der Fall ist – vertraglich vereinbart wurde. Die Regelung benennt drei Sicherungsarten, nämlich den Sicherungseinbehalt, die (selten praktizierte) Hinterlegung von Geld und primär das Stellen einer Bürgschaft durch den Auftragnehmer, mit welcher der Sicherungseinbehalt ersetzt oder abgelöst wird. Das ist von besonderer Bedeutung, da die Sicherheitsleistung immerhin regelmäßig 5 % der Schlussrechnungssumme ausmacht (die in § 9c Absatz 2 Satz 3 VOB/A genannten 3% der Abrechnungssumme sind lediglich ein Regelwert, also Abweichungen möglich und auch bei öffentlichen Auftraggebern üblich).

Also: Wenn auch dieses Geld direkt nach der Abnahme und nicht erst Jahre später an den Auftragnehmer fließen soll, braucht es eine Bürgschaft als Sicherheit. Hier erfahren Sie mehr darüber.

Fazit: Gewährleistung ist eines der konfliktreichsten Themen in der Baubranche, und man sollte über die Rechte und Pflichten sowie die einzuhaltenden Fristen Bescheid wissen. Im konkreten Fall ist daher eine Rechtsberatung zu empfehlen, um stets aus einer rechtlich abgesicherten Position heraus zu handeln.