Euler Hermes Studie Deutsche Textilindustrie: Onlinehandel und „Fast Fashion“ grösste Risiken

  • Stationärer Handel mit großen Risiken behaftet durch Online-Konkurrenz und Strukturwandel
  • Onlinehandel wächst überdurchschnittlich und dürfte bis 2017 um rund 50% zunehmen
  • Deutsche Textilhersteller erneuern Geschäftsmodell und spezialisieren sich erfolgreich auf technische Textilien; Exporte steigen in diesem Segment auf geschätzte 7,1 Mrd. Euro in 2015
  • Herausforderung „Fast Fashion“: Schnelllebiges Konsumverhalten stellt Händler und Hersteller vor große Herausforderungen, Zahl der Kollektionen pro Jahr hat sich vervier- bis versechsfacht

 

Hamburg , 17. Dezember 2014 – Licht und Schatten sieht der weltweit größte Kreditversicherer Euler Hermes in seiner jüngsten Studie zur deutschen Textilindustrie. Die Risiken, Finanzierungsmöglichkeiten und Aussichten variieren dabei im Textileinzelhandel und der Textilproduktion relativ stark.

 

Der Textileinzelhandel kämpft beispielsweise seit Jahren neben einer starken Abhängigkeit von den Witterungsverhältnissen mit sehr geringen Gewinnmargen und einer zunehmend starken Konkurrenz durch den Onlinehandel. Auch in der Textilproduktion zeigen sich zwei Gesichter. Zahlreiche Produzenten haben ihr Geschäftsmodell erfolgreich erneuert und sich auf Nischen spezialisiert, andere Hersteller sind jedoch weiterhin der starken asiatischen Konkurrenz und dem damit verbundenen Preiskampf ausgesetzt. Zudem sind sie gezwungen, durch das schnelllebige Konsumverhalten bis zu 12 Kollektionen pro Jahr auf den Markt zu bringen.

 

Stationärer Handel vor Herausforderung: Online-Handel dürfte bis 2017 um rund 50% zunehmen
„Der Online-Handel ist massiv im Kommen und dürfte nach unseren Einschätzungen bis 2017 um etwa 50% zunehmen“, sagte Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe. „Dies stellt künftig vor allem den stationären Handel vor große Herausforderungen und die Notwendigkeit, Einkaufserlebnisse und die Beratungsleistung zu verbessern – oder aber seine Vertriebsmodelle anzupassen und auf mehrere Absatzkanäle auszuweiten. Beides kostet jedoch Geld und ist bei den weiterhin geringen Margen mit zahlreichen Risiken verbunden. Ein weiteres Problem ist die starke Abhängigkeit von der Witterung: Der bisher relativ warme Start in die Wintersaison drückt beispielsweise auf die Umsätze und Gewinne der Einzelhändler.“ Grafik „Technische Textilien“ in Deutschland führend:

 

Zwar macht der Online-Handel heute erst etwa 9% des gesamten Einzelhandels in Deutschland aus, dieser Bereich wächst jedoch überdurchschnittlich. Zwischen 2008 und 2012 stiegen die Einnahmen im Einzelhandel um rund 26% an – im Online-Handel war das Wachstum im gleichen Zeitraum mit 55% mehr als doppelt so groß. Tendenz weiter steigend. Deshalb sind die Aussichten für dieses Segment im Gegensatz zum stationären Handel relativ gut.

 

Textilproduktion: Deutsche Hersteller Exportweltmeister bei „technischen Textilien“
Auch in der Textilproduktion zeigen sich zwei Gesichter. Ein Teil der Produzenten haben ihr Geschäftsmodell erfolgreich erneuert und sich auf den Bereich der technischen Textilien spezialisiert, die beispielsweise für Schutzanzüge, Zelte oder auch in der Automobilproduktion Anwendung finden. Die deutschen Textilhersteller gehören dabei zu den Innovationsführern und sind in diesem Segment Exportweltmeister. Allein zwischen 2009 und 2013 haben sich die Ausfuhren in diesem Segment verdreifacht und auch die Aussichten sind gut. Für 2015 rechnen die Euler Hermes Ökonomen mit Exporten im Wert von 7,1 Mrd. Euro. Grafik „Technische Textilien“ in Deutschland führend:

 

Während sich die Hersteller technischer Textilien bereits strukturell auf die zunehmende Konkurrenz aus Asien reagiert haben, tun sich die Hersteller von anderen Textilien und Bekleidung schwer, mit den Nied-riglohnländern zu konkurrieren. Die Produktion nahm in Deutschland in diesem Segment in der letzten Dekade rapide ab, während die Einfuhren, insbesondere aus China, in die Höhe schnellten. Allein zwischen 2005 und 2011 haben sich Textil- und Bekleidungsimporte aus China mehr als verdoppelt. Lediglich Hersteller, die sich in einem hochqualitativen Segment positionieren, haben hier eine Chance zu konkurrieren. Neben dem Preiskampf ist das schnelllebige Konsumverhalten die größte Herausforderung für die Hersteller.

 

„Fast Fashion“: Durchschnittlich 30kg Kleidung pro Jahr werden gekauft, 30% wird nie getragen
„Laut Branchenstatistiken kauft eine Frau durchschnittlich 30 Kilogramm Kleidung pro Jahr – knapp ein Drittel davon wird nie getragen“, sagte Thomas Krings, Risikovorstand bei Euler Hermes Deutschland. „Die Händler müssen sich deshalb noch stärker auf das Phänomen der ‚Fast Fashion‘ einstellen und regelmäßiger spannende Neuerungen anbieten, wenn sie Kundinnen in ihre Geschäfte locken wollen. Sonst wirkt sich dies sehr schnell auf die Einnahmen aus. Entsprechend groß ist auch der Druck auf die Bekleidungshersteller, die Zeit zwischen Design und Verkauf zu verkürzen und jedes Jahr nicht mehr nur zwei, sondern sechs bis 12 Kollektionen auf den Markt zu bringen. Das ist vier- bis sechs Mal so viel wie noch vor einigen Jahren und mit erheblichen Kosten sowie einem aufwändigen Supply Chain Management verbunden, die sich erst einmal rechnen müssen.“



Grafik „Technische Textilien“ in Deutschland führend:



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