• Deutsche Exporteure fahren 2015 voraussichtlich zusätzliche Gewinne in Höhe von 36 Mrd. Euro ein; Wachstum (+2,7%) jedoch langsamer als noch 2014 (+3,6%)
  • Schwacher Euro hilft Exporteuren zwar, Auswirkungen aufgrund starkem Handel in Eurozone und Abwertung von Währungen in aufstrebenden Märkten überschaubar
  • Russland-Krise kostet deutschen Export 2015 mindestens 8,1 Mrd. Euro; Rückgang der Exporte um ein Viertel
  • Weitere Exporte in Milliardenhöhe in Gefahr durch verlangsamtes Wachstum in China und angespannte Lage in ölfördernden Staaten

 

Hamburg, 7. März 2015 – Euler Hermes sieht einzelne Haare in der sonst recht wohlschmeckenden deutschen Exportsuppe. Auf insgesamt 36 Milliarden (Mrd.) Euro beziffert der Kreditversicherer Euler Hermes in seiner jüngsten Studie die zusätzlichen Exporteinnahmen deutscher Unternehmen in 2015, das entspricht einem nominalen Plus von 2,7%. Der schwache Euro trägt dazu 5 Mrd. Euro bei und stützt so die Exporte, allerdings in überschaubarem Maß. Das Exportwachstum der Bundesrepublik ist im Vergleich zu 2014 rückläufig: Im vergangenen Jahr stand noch ein Zuwachs von 3,6% oder 45 Mrd. Euro zu Buche.

 

Schwacher Euro hilft deutschen Exporteuren nur bedingt – viele Währungen haben abgewertet
„Deutsche Produkte haben eine geringe Preiselastizität“, sagte Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe. „Der schwache Euro hilft hier also nur bedingt – zumal sich Unternehmensmargen auf einem Zehnjahrestief befinden. Viele Firmen tendieren deshalb vermutlich eher dazu, Verkaufspreise zu erhöhen als den verbilligenden Effekt des Euros zu nutzen. Zudem entfallen 40% aller deutschen Exporte auf Länder der Eurozone. 60% der Ausfuhren gehen in Staaten außerhalb der Währungsunion. In vielen aufstrebenden Wachstumsmärkten haben jedoch die Währungen – wie auch der Euro – stark an Wert verloren, so dass sich hier oft kein großer Effekt ergibt. Die Vorteile sehen wir daher vor allem im Handel mit den USA.“

 

Rezessionen und geopolitische Krisen gefährden Exporte in Milliardenhöhe
Die Russland-Krise, das sich verlangsamende Wachstum in China, die Rezession in Brasilien sowie die Revision der Investitionspläne in ölfördernden Staaten wie beispielsweise Saudi-Arabien gefährden deutsche Exporte in Milliardenhöhe.

Gefahren für Exporte: € 5 Mrd. in China, € 4 Mrd. in ölfördernden Staaten, € 8 Mrd. in Russland
„Einige Länder könnten dem deutschen Export die Suppe versalzen“, sagte Thomas Krings, Risikovorstand bei Euler Hermes. „China hat seine Erwartungen für die heimische Wirtschaft bereits vor Kurzem nach unten korrigiert – sollte sich das Wachstum allerdings auf weniger als 6,5% verlangsamen, würde dies die deutschen Exporteure rund 5 Milliarden Euro kosten. Durch die zunehmend angespannte Lage in den ölfördernden Ländern, den niedrigen Ölpreis und die daraus resultierende Überprüfung der Investitionspläne könnten weitere 4 Milliarden Euro an deutschen Ausfuhren in Gefahr sein. Die größten Einbußen erwarten wir allerdings weiterhin in Russland: Durch die schwere Rezession erwarten wir dort einen Rückgang der Exporte um rund 25% im laufenden Jahr, das entspricht mehr als 8 Milliarden Euro. Die Rezession in Brasilien gefährdet zudem deutsche Warenlieferungen von weiteren rund 360 Millionen Euro.“

 

Konter: Deutsche Exportmannschaft läuft mit 3D-Strategie auf und setzt so auf den Sieg
Die deutschen Exporteure kontern jedoch mit ihrem bewährten 3D-Erfolgsrezept: Diversifizierung der Absatzmärkte, Deutsche Qualität sowie Direktinvestitionen im Ausland wie etwa in Produktionsstätten in Niedriglohnländern.

 

3D: Direktinvestitionen in China mehr als verdoppelt – Internationalisierung bei Produktion
Die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in China sind zwischen 2009 und 2013 um 123% gestiegen, Osteuropa verzeichnete immerhin einen Zuwachs von 19%. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Belegschaft deutscher Firmen: Zwischen 2000 und 2012 ist der Anteil der ausländischen Angestellten um fast 45% gestiegen, der Fokus lag dabei auf Niederlassungen in Asien (+141%) und Europa außerhalb der EU (+91%). Die Internationalisierung der Wertschöpfungskette spielt für deutsche Exportunternehmen eine entscheidende Rolle.

 

3D: Deutsche Qualität spielt bei Nachfrage große Rolle, Forschung und Innovation sichern Erfolg
Qualität „made in Germany“ spielt nach wie vor eine große Rolle beim Erfolg der deutschen Exporteure. Sie sichern ihre Position und Reputation durch Investitionen in Forschung- und Entwicklung – allerdings schläft die Konkurrenz nicht: Südkorea, Japan und die USA produzieren zum Teil in ähnlicher Qualität. Dies bringt das Risiko eines Preiskampfs mit sich – zumal die Stundenlöhnen in den letzten vier Jahren in Deutschland rund 5 Prozentpunkte stärker gestiegen sind als in Japan und den USA, die zum Teil noch mehr des Bruttoinlandprodukts (BIP) in Forschung investieren.

 

3D: Diversifizierung der Absatzmärkte – deutsche Exporteure international wie kaum anderes Land
Deutsche Unternehmen haben sich nach der Wirtschaftskrise in den Jahren 2008/2009 zunehmend der Internationalisierung und der Erschließung neuer Absatzmärkte verschrieben – unter den führenden globalen Wirtschaftsmächten haben sie sich so den Titel gesichert. Seit 2011 sind die Ausfuhren auf den amerikanischen Kontinent um fast ein Viertel gewachsen (+23%), vor allem getrieben durch die USA. Es folgt Asien mit einem Zuwachs von 14%.

 

Potenzial: aufstrebende Wachstumsmärkte mit unterrepräsentierten deutschen Einfuhren
„Deutschland ist in vielen aufstrebenden Märkten bereits hervorragend positioniert.1 Potenzial für die Exporteure sehen wir langfristig vor allem auch in aufstrebenden Märkten mit einem starken Wachstum – in dem deutsche Produkte bei den Importen bisher im Vergleich zum Wachstum jedoch noch unterrepräsentiert sind“, sagte Krings. „Malaysia, Singapur, Südkorea, die Vereinigten Arabischen Emirate oder langfristig auch Indien stehen hier auf der Hitliste. In Afrika ist in den Subsahara-Staaten Nigeria, Ghana oder Kenia viel Luft nach oben, während auf dem amerikanischen Kontinent einzig Kolumbien das Rennen macht.“

 

Europa: Großbritannien, Niederlande und Polen verzeichnen 2015 stärkste Zuwächse
Euler Hermes erwartet 2015 in Europa trotz zahlreicher stagnierender Märkte und insgesamt nur langsamer Erholung das größte Plus bei den Ausfuhren in Höhe von insgesamt 20,3 Mrd. Euro. Haupttreiber sind der Exportmarkt in Großbritannien (+€ 3,8 Mrd.), in den Niederlanden (+€ 3,6 Mrd.) und Polen (+€ 3,5 Mrd.). Die weltweit am stärksten wachsenden Einzelmärkte sieht der führende Kreditversicherer in China (+€ 4,2 Mrd.), dicht gefolgt von den USA (+€ 3,8 Mrd.).

 

Gewinner bei den Ausfuhren sind vor allem die Branchen mit hoher Wertschöpfung: Auf die Maschinenbauer (+9,3 Mrd. Euro), Chemiebranche (+7,8 Mrd. Euro) und Fahrzeughersteller (+7,4 Mrd. Euro) entfallen rund 68% der zusätzlichen Exportgewinne.

 

Russland: Ein Viertel der Exporte fallen 2015 durch Krise weg – 8,1 Mrd. Euro
Nach einem Rückgang der deutschen Exporte nach Russland um 18% im vergangenen Jahr, führen die erwartete starke Rezession von -5,5% beim BIP und der Wertverlust des Rubels (-43% gegenüber dem Euro seit Juni 2014) zu einem weiteren Rückgang der Ausfuhren um ein Viertel. Zwar exportieren nur 10% aller deutschen Firmen nach Russland und die Ausfuhren machen lediglich rund 3% aller deutschen Exporte aus. Für 3% der Unternehmen machen die Russland-Geschäfte jedoch mehr als ein Viertel aller Ausfuhren aus. Insbesondere Maschinen- (22%) und Autobauer (21%) sowie Chemieunternehmen (9%) sind besonders betroffen, diese drei Sparten sind für mehr als die Hälfte aller deutschen Exporte nach Russland verantwortlich. Während Russland für die deutsche Gesamtwirtschaft auf Rang 12 der wichtigsten Handelspartner landet, ist er für die deutschen Maschinenbauer der viertwichtigste Markt, für die Autobauer der fünftwichtigste.

 

1 Euler Hermes hat in seiner Studie zum Welthandel die weltweit vielversprechendsten Exportmärkte nach Wachstumsraten einerseits und Risikosituation andererseits analysiert. Die „15 Delikatessen“ sind die Märkte, bei denen geringes Risiko auf eine schnell wachsende Wirtschaft trifft.

 

Pressekontakt:

Euler Hermes Deutschland, (Hamburg)
Antje Stephan
Pressesprecherin
Telefon: +49 (0)40 8834-1033
Mobil: +49 (0)160 899 2772