Garantiert mit gutem Namen

Im Geschäftsleben können Avale für mehr Flexibilität sorgen: Denn wer seinen Kunden Bürgschaften statt Barkautionen hinterlegt, hat mehr Geld für die laufenden Ausgaben. In vielen Fällen müssen Firmen eine Bürgschaft zwingend vorlegen, wenn sie zum Beispiel an Bieterverfahren teilnehmen oder Anzahlungen fordern wollen. Dadurch ist der Kunde für den Fall abgesichert, dass der Auftragnehmer die vereinbarte Zusage nicht einhalten kann. Wir beleuchten fünf fiktive Fälle, in denen Bürgschaften eine wichtige Rolle spielen. Wir zeigen, warum Unternehmen bei grenzüberschreitenden Geschäften Avale brauchen, wie Online-Plattformen Abschlüsse beschleunigen und warum manche Menschen erst dann wieder ruhig schlafen können, wenn sie den Wert eines Bürgen erkannt haben.

Bloß keine Blamage (Bietungsbürgschaft)

Die Pläne für den Bau der neuen Festhalle in Hasenherzfurth machen Schlagzeilen: Kritiker stören sich an den hohen Kosten und beobachten mit Argusaugen jeden Verfahrensschritt im Rathaus. Dort sitzt Arno von Bley, der Bauamtsleiter. Die Ausschreibung von Aufträgen gehört eigentlich zu seinem Alltag – doch dieses Mal ist der 48-Jährige nervös. Selbst ein kleiner Fehler bei der Ausschreibung würde nicht lange unbemerkt bleiben, zu groß ist das öffentliche Interesse.
Unzählige Vorschriften muss von Bley bei Ausschreibungen beachten. Umso ungünstiger wäre es, wenn der Sieger des Verfahrens nach dem Zuschlag wieder aussteigt, weil das Unternehmen sich verkalkuliert hat oder zahlungsunfähig wird – denn dann müsste von Bley die gesamte Ausschreibung wiederholen lassen. Die Projektkritiker würden sich die Hände reiben! Abgesehen vom Zeitverlust und den Mehrkosten einer neuen Ausschreibung. Die Rathausspitze wäre blamiert, von Bleys Ruf angekratzt.
Der Bauamtsleiter kann sich jedoch beruhigen, denn er kennt das Geschäft. „Im Lichte betrachtet, dürften die Risiken überschaubar sein“, denkt er sich. Trotzdem wird er besonders großen Wert darauf legen, in der Ausschreibung – wie sonst auch – klarzustellen, dass Bieter 5 bis 10 % der Auftragssumme zahlen müssen, wenn sie nach dem Zuschlag abspringen. Sie müssen aus diesem Grund auch eine Bürgschaft vorlegen – das ist so üblich. Dafür greifen Baufirmen auf einen Bürgen zurück, der notfalls für die Zahlung geradesteht. Kann eigentlich nichts passieren, findet von Bley. Dennoch beschließt er, die Angebote in diesem Fall sehr gründlich zu prüfen.

Das Zwei-Millionen-Euro-Risiko (Anzahlungsbürgschaft)

Einige Geschäfte sind schnell gemacht. Andere dauern etwas länger. Stellen wir uns vor, der Anlagenbauer ELAN bekommt den Auftrag, für die bayerische Brauerei Wies eine vollautomatische Abfüllanlage zu liefern. Kosten: vier Millionen Euro. Während der Planungs- und Bauzeit von 14 Monaten muss ELAN Planungsingenieure bezahlen, Komponenten einkaufen und jede Menge Dienstreisen und Überstunden finanzieren. Der Anlagenbauer zahlt also bereits Millionen aus eigener Kasse, bevor er die abschließende Rechnung an den Kunden stellen kann. Deshalb ist es im Geschäftsleben üblich, für Aufträge dieser Größenordnung einen Vorschuss zwischen 30 und 50 % der Gesamtsumme zu verlangen. Das bedeutet in diesem Fall, die Brauerei Wies muss maximal zwei Millionen Euro anzahlen. Aber das tut sie natürlich nur, wenn sie sicher sein kann, dass der Anlagenbauer den Auftrag auch zu Ende führt. Wird dieser zuvor zahlungsunfähig, ist die Anzahlung verloren, was auch die Brauerei in Not bringen kann. Wies besteht deshalb darauf, dass ihr der Anlagenbauer eine  Anzahlungsbürgschaft eines erfahrenen Bürgen vorlegt, bevor sie unterschreibt. Für den Anlagenbauer ist das Dokument so viel wert wie bares Geld. Denn ohne die Bürgschaft würde er wahrscheinlich keinen Auftrag erhalten. Und wenn doch, dann ohne Anzahlung – was eine kaum tragbare Last wäre.

Eine lehrreiche Nacht (Vertragserfüllungsbürgschaft)

Es ist ein schlimmes Jahr. Im Januar stirbt der Vater von Anne-Kathrin Schoppe bei einem Autounfall. Die 27-Jährige muss ihre Doktorarbeit abbrechen, um das Unternehmen ihrer Familie nicht hängen zu lassen. Der mittelständische Hersteller von Edelstahlbehältern boomt. Aus diesem Grund hat der Senior kurz vor seinem Tod die Firma Krause mit dem Bau einer neuen Fabrikhalle beauftragt – für 600.000 Euro. Im Mai hatten sie noch Richtfest gefeiert – jetzt die nächste Katastrophe: Die Baufirma meldet Insolvenz an und wird den Auftrag nicht zu Ende führen. Anne-Kathrin Schoppe ist entsetzt. Was soll sie tun? Helfen könnte ihr nur der Finanzchef – ein Vertrauter ihres Vaters. Doch der ist längerfristig krankgeschrieben.
Betriebsrat. Lokalzeitung. Fragen der Belegschaft. Montag wird die Hölle los sein. Mit ihrem Notebook bewaffnet, ackert Anne-Kathrin Schoppe noch in der Nacht den Vertrag durch, den ihr Vater mit der Baufirma geschlossen hat. Gibt es eine Regelung für den Fall, dass die Firma ihren Vertrag nicht erfüllt? Tatsächlich entdeckt sie auf Seite 34 den Begriff „Vertragserfüllungsbürgschaft“. Sie recherchiert im Internet, macht sich Notizen und langsam entsteht ein Bild: Ihr Vater hat von der Baufirma eine Bürgschaft erhalten, für den Fall, dass die den Vertrag nicht erfüllt. Genau diese Situation ist nun eingetreten.
Die Bürgschaft hat ein internationaler Finanzdienstleister gezeichnet. Solche Vertragserfüllungsbürgschaften seien üblich, liest sie auf einer Website. Nur mit diesem Papier haben Baufirmen Chancen, einen großen Auftrag zu bekommen.
In ihrem Fall ist vorgesehen, dass die Schoppe KG im Schadensfall 20 % des Auftragswerts von dem Finanzdienstleister erhält, der die Bürgschaft übernommen hat. Macht 120.000 Euro. Der neuen Chefin fällt ein Stein vom Herzen. Das Geld kann sie gut gebrauchen. Denn die Kosten für die Fabrikhalle werden jetzt deutlich steigen. Und sie muss erst einmal eine neue Baufirma finden – von der sie auf jeden Fall eine Vertragserfüllungsbürgschaft verlangen wird.

Angst vor dem Abschlag (Mängelgewährleistungsbürgschaft)

Nach seinem Studium der Elektrotechnik fängt Tobias Bohnen im Vertrieb einer mittelständischen Firma an. Die liefert digital gesteuerte Maschinen an die holzbearbeitende Industrie. Kurze Zeit später macht er seinen ersten Deal. Eine Möbelfabrik bestellt ein digitales Bearbeitungszentrum für fast 100.000 Euro. Bohnen kennt sich mit Technik aus – doch beim Papierkram fühlt er sich unsicher. Deshalb liest er den Vertragsentwurf sehr gründlich. In der Mitte des Textes stutzt er. Dort steht, der Kunde habe das Recht, 5% der Kaufsumme einzubehalten – als Sicherheit, falls später Mängel auftreten. Er greift zum Telefonhörer, um den erfahrenen Vertriebssachbearbeiter Georg Hendricks zu fragen.

BOHNEN: Moin, Georg. Da steht was von Abschlag für Mängelgewährleistung im Vertrag. Zahlen die nicht den vollen Kaufpreis?
HENDRICKS: In gewisser Weise tun sie das. Aber auch wieder nicht.
BOHNEN: Hm?
HENDRICKS: Also: Der Kunde will eine Sicherheit, falls er erst nach Übergabe der Maschine merkt, dass sie nicht richtig funktioniert. Deshalb sieht der Vertrag vor, dass unser Kunde während der Gewährleistungszeit 5 % des Kaufpreises einbehalten darf.
BOHNEN: Das heißt, unser Kunde zahlt uns nur 95.000 Euro statt 100.000 Euro und der Rest kommt nach Ablauf der Garantie?
HENDRICKS: So weit die Theorie. In der Praxis wäre das aber nicht gut für uns. Wenn alle unsere Kunden einen Abschlag vom Kaufpreis einbehalten würden, dann würde uns ständig ein hoher Barbetrag fehlen. Wir müssten bei unserer Hausbank mehr leihen und unsere Kreditlinie strapazieren.
BOHNEN: Und was machen wir also?
HENDRICKS: Das steht im selben Abschnitt des Vertrags weiter unten. Wir treffen eine Vereinbarung mit dem Kunden: Er zahlt uns den vollen Kaufpreis von Anfang an und wenn er Mängel nachweisen kann, dann müssen wir ihm die vereinbarte Summe später zurückzahlen.
BOHNEN: Und was, wenn es unsere Firma dann – jetzt mal nur theoretisch – nicht mehr gibt?
HENDRICKS: Für so einen Fall verlangt der Kunde eine Mängelgewährleistungsbürgschaft, die ein Bürge für uns ausstellt. Der steht für uns gerade, wenn wir das Geld nicht zahlen können. Solche Bürgschaften sind Standard bei diesen Verträgen.
BOHNEN: Ist das nicht ein großes Risiko für den Bürgen?
HENDRICKS: Kaum. Die haben Analysten, die prüfen regelmäßig die Bonität der Unternehmen, für die sie bürgen. Soweit ich weiß, hatten sie bei uns nie Grund zur Sorge.

Eine Schnapsidee (Zollbürgschaft)

Das Geschäft läuft gut und Kevin Luther ist zufrieden. Vor fünf Jahren hat der 32-Jährige „schnapsnase.de“ gegründet, eine Online-Plattform für Spirituosen. Verkaufsschlager sind kubanischer Rum und russischer Wodka. Die Paletten mit Getränkeflaschen lässt er sich per Schiff oder Lastwagen in ein Großlager im Ruhrgebiet bringen.
Die für die Einfuhr anfallenden Zölle, Steuern und Abgaben hat er bislang immer sofort gezahlt. Im vergangenen Jahr ist dieser Betrag erstmals sprunghaft auf 80.000 Euro gestiegen. Diese Ausgaben schlägt er natürlich später dem Verkaufspreis zu. Allerdings liegen die Flaschen oft Wochen im Lager. Die Einnahmen kommen also später – doch der Zoll wird sofort fällig. Seine Steuerberaterin Gesine Schicks weist Luther darauf hin.
„Wussten Sie, dass Sie sich Ihre Zahlungen an die Zollverwaltung stunden lassen können?“ Bei dieser Summe könne sich das lohnen. Luther kennt sich mit Marketing für Mixgetränke aus, das Steuerwesen ist unsicheres Terrain für ihn. „Sie müssen diese Zahlungen erst leisten, wenn Sie die Waren weiterverkauft haben“, erklärt ihm Schicks. „So lange lassen Sie das Geld für sich arbeiten.“ Luther überlegt. „Klingt gut, ist aber bestimmt ein ungeheurer Aufwand.“ Die Steuerberaterin schüttelt den Kopf. „Sie müssen als Sicherheit lediglich eine Zollbürgschaft bei einem Bürgen abschließen, der von der Zollverwaltung dafür zugelassen ist.“ Diese Zollbürgschaft sei notwendig, erklärt sie weiter. Der Staat wolle sicher sein, dass die Importeure die gestundeten Abgaben irgendwann wirklich zahlen.
Zwei Tage später liegt die Zollbürgschaft vor. Denn über das Online-Portal von Allianz Trade lässt sie sich problemlos abschließen und beim zuständigen Hauptzollamt samt Antrag einreichen. Nach wenigen Wochen genehmigen die Beamten den Zahlungsaufschub. Luther ist überrascht, dass es so einfach ist, und beschließt, künftig auch Bourbon-Whiskey aus den USA zu importieren.

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